Kreditbetrug – Verwendung gefälschter Gehaltsunterlagen

Der Betrugstatbestand ist kompliziert aufgebaut. Vielfältig sind die Begehungsweisen eines Betruges. Umso komplizierter ist die rechtliche Bewertung einer Handlung bezogen auf den Betrugstatbestand. Aus diesem Grund befassen sich die Obergerichte und der BGH regelmäßig mit den Voraussetzzungen der Erfüllung des Betrugstatbestandes, insbesondere um die Frage, ab welchem Zeitpunkt das Versuchsstadium und damit die Strafbarkeit begründet werden. Das Kammergericht hat sich mit Beschluss vom 29.02.2012 zur Thematik geäußert. In dem Fall geht es um den beabsichtigten Abschluss eines Kreditvertrages, wobei zum Zwecke der Bonitätsprüfung gefälschte Gehaltsunterlagen vorgelegt wurden.

Leitsatz des Kammergerichts

Im Fall eines mehraktigen Geschehensablaufes ist erst die Täuschungshandlung versuchsbegründend, welche die zu täuschende Person ohne weitere wesentliche Zwischenschritte zur irrtumsbedingten Vermögensverfügung veranlasst. Das Vorbereitungsstadium verlässt, wer nach Aufnahme der auf einen sofortigen Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrages gerichteten Verhandlungen gefälschte Gehaltsnachweise vorlegt, auch wenn noch nicht alle Detailfragen des Darlehensvertrages fixiert waren, die Bonitätsprüfung noch ausstand und der schriftliche Darlehensantrag noch nicht unterzeichnet wurde. KG Berlin 4. Strafsenat, Beschluss vom29.02.2012, Az. (4) 121 Ss 21/12 (32/12).

 

Grundsätzlich geht die Tendenz der Rechtsprechung zur Bejahung des Betruges bei mehraktigen Geschehensabläufen dahin, dass objektiv und aus Sicht des Täters weitere wesentliche Zwischenschritte bis zum Vertragsabschluss und damit der Vollendung des (Eingehungs-) Betruges nicht mehr notwendig sind. Dies gelte laut KG auch dann, wenn das Ergebnis der von der Bank vorzunehmenden Bonitätsprüfung noch ausstand und der Angeklagte nach dieser den Darlehensantrag noch zu unterzeichnen hatte

Teures Benzin – Modestraftat „Benzindiebstahl“

Die Kraftstoffpreise sind saftig. Der Versuchung, den Tank vollzutanken und ohne zu bezahlen weiterzufahren, unterliegen in den letzten Monaten mehr Autofahrer denn je.Das Delikt, das landläufig als „Benzindiebstahl“ bezeichnet wird, ist juristisch betrachtet hochinteressant zu werten, da hier eine Abgrenzung zu treffen ist zwischen zwei Deliktstypen: Diebstahl und Betrug.Zuletzt hat sich der BGH in seinem Beschluss vom 10.01.2012 – 4 StR 632/11 –  mit der Thematik befasst. Folgender Sachverhalt lag der Entscheidung zugrunde:

Ein Autofahrer hatte in sämtlichen Fällen seinen Pkw mit zuvor entwendeten Nummernschildern versehen, damit er unerkannt ohne zu bezahlen tanken konnte. Er hat dann in sechs Fällen getankt.Für die rechtliche Bewertung ist jeweils zu unterscheiden, ob der Täter durch den Tankstelleninhaber oder seine Mitarbeiter bemerkt wurde oder nicht.

Für den Fall dass der Täter vom Tankstelleninhaber oder seinen Mitarbeitern bemerkt wird, gilt folgendes:

 War das Bestreben des Täters – wie mithin hier – von Anfang an darauf gerichtet, das Benzin an sich zu bringen, ohne den Kaufpreis zu entrichten, so macht er sich grundsätzlich nicht des Diebstahls oder der Unterschlagung, sondern des (versuchten) Betruges schuldig. Denn indem er als Kunde auftritt und sich wie ein solcher verhält, bringt er – jedenfalls in der Regel – durch schlüssiges Verhalten zum Ausdruck, dass er das Benzin nach dessen Erhalt bezahlen werde. Durch diese Vortäuschung einer nicht vorhandenen Zahlungsbereitschaft erweckt er bei dem Tankstelleninhaber oder dessen Personal einen entsprechenden Irrtum mit der Folge, dass ihm – sofern es sich um eine Bedienungstankstelle handelt – das Benzin in den Tank eingefüllt oder – falls es eine Selbstbedienungstankstelle ist – das Einfüllen gestattet wird.

Aus dem äußeren Erscheinungsbild der Tathandlungen folgt bei natürlicher Betrachtungsweise, dass es sich hier um ein durch Täuschung bewirktes Geben und nicht um ein Nehmen im Sinne eines Gewahrsamsbruchs handelt. Ob mit dem Einfüllen bereits das Eigentum an dem Benzin erlangt wird, kann dabei dahingestellt bleiben. Jedenfalls bringt der Täter durch die Täuschungshandlung das Benzin in seinen Besitz und erlangt damit einen Vermögensvorteil i. S. des § 263 StGB, dem auf Seiten der geschädigten Tankstelle ein entsprechender Vermögensnachteil gegenüber steht.

Für den Fall, dass der Täter vom Tankstelleninhaber oder seinen Mitarbeitern nicht bemerkt wurde gilt:

 Ein vollendeter Betrug liegt jedoch nicht vor, wenn der Täter an einer Selbstbedienungstankstelle tankt, ohne vom Tankstelleninhaber oder dessen Mitarbeiter bemerkt zu werden. In einem solchen Fall ist aber regelmäßig vom Tatbestand des versuchten Betruges auszugehen. Da der Täter schon beim Einfüllen mit dem Willen handelt, sich das Benzin zuzueignen, kommt eine Bestrafung wegen Unterschlagung schon wegen deren Subsidiarität (§ 246 Abs. 1 StGB) auch dann nicht in Betracht, wenn er durch den – versuchten oder vollendeten – Betrug nur den Besitz und nicht bereits das Eigentum an diesem erlangt (zum Ganzen: BGH, Urteil vom 5. Mai 1983 – 4 StR 121/83, NJW 1983, 2827; vgl. auch BGH, Beschluss vom 28. Juli 2009 – 4 StR 254/09, NStZ 2009, 694 jeweils mwN).

 

 

Erfüllung des Tatbestandes des Betruges § 263 StGB bei vorliegender Zahlungssäumnis – Irrtum über die Zahlungswilligkeit

Der Betrugstatbestand (§ 263 StGB) ist kompliziert. Es lohnt sich immer den Sachverhalt exakt zu subsumieren, d.h. im Lichte der Tatbestandsvoraussetzungen zu prüfen. Hier bieten sich oft gute Verteidigungsansätze, die auf den ersten Blick nicht ins Auge springen.

In seinem Beschluss vom 28.03.2012 hat sich der BGH zum Aktenzeichen 5 StR 78/12 (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=24a278db687290ed7191041cdf7c982c&nr=59988&pos=8&anz=25) mit der Problematik des Irrtums über die Zahlungswilligkeit befasst. Dem Sachverhalt liegen fortgesetzte Warenbestellungen bei ein und demselben Lieferanten zugrunde. Der springende Punkt ist die Frage, ob die zweite Bestellung bereits vor Fälligkeit der ersten Rechnung erfolgte, oder ob die Firma lieferte, obwohl die erste Rechnung fällig aber nicht bezahlt war.

Wenn die Frage unbeantwortet bleibt, müssen in einem Urteil grundsätzlich nähere Feststellungen getroffen werden, ob die späteren Lieferungen noch auf der Vorspiegelung der Zahlungswilligkeit und –fähigkeit beruhen, insbesondere ob der Lieferant Kenntnis von der Zahlungssäumigkeit erlangte und weshalb er sich gleichwohl zu weiteren Lieferungen bereit fand (BGH, Beschluss vom 30. März 1987 – 1 StR 580/86, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Irrtum 2; Beschluss vom 25. Februar 1993 – 1 StR 39/93, NStZ 1993, 440; Beschluss vom 28. Juni 2005 – 4 StR 376/04, insoweit in NStZ 2005, 631 nicht abgedruckt).

Strafzumessung bei Steuerhinterziehung in Millionenhöhe

Der BGH setzt seine Rechtsprechung zur Steuerhinterziehung großen Ausmaßes fort.

Das Urteil des BGH vom 7. Februar 2012 – 1 StR 525/11 – hat für medialen Wirbel gesorgt. Diese Entwicklung in der Rechtsprechung war vorhersehbar. Der BGH hatte sich bereits in einem Urteil vom 02. Dezember 2008 – 1 StR 416/08 – mit den Strafzumessungsgesichtspunkten bei Steuerhinterziehung auseinandergesetzt und insbesondere nach der Höhe der Steuerverkürzungen unterschieden.

Der BGH stellte fest, dass jedenfalls bei einem sechsstelligen Hinterziehungsbetrag die Verhängung einer Geldstrafe nur bei Vorliegen von gewichtigen Milderungsgründen noch schuldangemessen sei. Bei Hinterziehungsbeträgen in Millionenhöhe komme eine aussetzungsfähige Freiheitsstrafe nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe noch in Betracht.

Ein die Indizwirkung des Hinterziehungsbetrages beseitigender Milderungsgrund ist beispielsweise gegeben, „wenn sich der Täter im Tatzeitraum im Wesentlichen steuerehrlich verhalten hat und die Tat nur einen verhältnismäßig geringen Teil seiner steuerlich relevanten Betätigungen betrifft. Bedeutsam ist daher das Verhältnis der verkürzten zu den gezahlten Steuern. Hat sich der Täter vor der Tat über einen längeren Zeitraum steuerehrlich verhalten, ist auch dies in den Blick zu nehmen. In die vorzunehmende Gesamtwürdigung ist auch die Lebensleistung und das Verhalten des Täters nach Aufdeckung der Tat einzubeziehen, etwa ein (frühzeitiges) Geständnis, verbunden mit der Nachzahlung verkürzter Steuern oder jedenfalls dem ernsthaften Bemühen hierzu. Der „Schadenswiedergutmachung“ durch Nachzahlung verkürzter Steuern kommt mit Blick auf die Wertung des Gesetzgebers im Falle einer Selbstanzeige (§ 371 AO) besondere strafmildernde Bedeutung zu.

„Gegen eine Geldstrafe oder – bei entsprechend hohem Hinterziehungsbetrag – eine aussetzungsfähige Freiheitsstrafe spricht es insbesondere, wenn der Täter Aktivitäten entfaltet hat, die von vornherein auf die Schädigung des Steueraufkommens in großem Umfang ausgelegt waren, etwa weil der Täter unter Vorspiegelung erfundener Sachverhalte das „Finanzamt als Bank“ betrachtete und in erheblichem Umfang ungerechtfertigte Vorsteuererstattungen erlangt hat oder weil der Täter die Steuerhinterziehung in sonstiger Weise gewerbsmäßig oder gar „als Gewerbe“ betrieb. Gleiches gilt auch für den Aufbau eines aufwändigen Täuschungssystems, die systematische Verschleierung von Sachverhalten und die Erstellung oder Verwendung unrichtiger oder verfälschter Belege zu Täuschungszwecken. Strafschärfende Bedeutung hat es, wenn der Täter besondere Unternehmensstrukturen aufgebaut hat, die auch der Bereicherung durch Steuerhinterziehung dienen sollten, wenn der Täter das Ziel verfolgt hat, das Steueraufkommen durch wiederholte Tatbegehung über einen längeren Zeitraum nachhaltig zu schädigen, wenn er andere Personen verstrickt hat, wenn er systematisch Scheingeschäfte getätigt oder Scheinhandlungen vorgenommen hat (vgl. § 41 Abs. 2 Satz 1 AO) oder wenn er in größerem Umfang buchtechnische Manipulationen vorgenommen oder gezielt durch Einschaltung von Domizilfirmen im Ausland oder Gewinnverlagerungen ins Ausland schwer aufklärbare Sachverhalte geschaffen hat. Solche Umstände sind bei anpassungsfähigen Hinterziehungssystemen, wie etwa den sog. Umsatzsteuerkarussellgeschäften, bei Kettengeschäften unter Einschaltung sog. „Serviceunternehmen“ und im Bereich der illegalen Arbeitnehmerüberlassungen regelmäßig gegeben (vgl. BGH NStZ-RR 2007, 176, 178).“

Die Strafzumessung ist also nach wie vor eine einzelfallbezogene Entscheidung, wobei festzustellen ist, dass insgesamt in der Rechtsprechung eine Tendenz zur Nivellierung der Anforderungen an einen „Vermögensverlust großen Ausmaßes“ beim § 263 Abs. 3 Nr. 2 StGB und dem „großen Ausmaß“ im Steuerstrafrecht besteht.